Ein Fotograf der besonderen Art und ein Heimwerker im künstlerisch-kreativen Sinn stehen sich in der Galerie Rössli gegenüber. Jeder ist auf seine Weise tätig und bekannt. Nun haben sie für diese Ausstellung, es ist die erste Fotografieausstellung in der Galerie Rössli überhaupt, gemeinsam diese prozesshafte Werkschau entwickelt und erweitert.
Urs Amiet, Jahrgang 1966, sucht nicht den fotorealistischen Blick, nicht das digital Scharfe, er hat seine fotografische Herausforderung vor vielen Jahren in – selbstgebauten – Lockkameras gefunden. Den Künstler aus Solothurn interessiert der Moment des Erkennens, die Geschichten hinter der Unschärfe, wenn die leicht verschwommene, ineinander verwobene Wirkung sich einen Moment über Zeit und Raum hinaus spiegelt. Seine in schwarzgrauen, diffus anmutenden Nuancen gehaltenen Monolithe und Findlinge sind Momentaufnahmen des Erdgeschichtlichen. Mit der Lochbildkamera aufgenommen und dann digital weiter verarbeitet und vergrössert, inszeniert Urs Amiet die mysteriöse filmische Bildsituation dieser erratischen Blöcke zu narrativen Irrblöcken der Unschärfe des Sehens und Erinnerns.
Flo Kaufmann als «bricoleur universel»
Der Solothurner Flo Kaufmann (*1973) hat sich selbst einmal als «bricoleur universel» bezeichnet und experimentiert in seiner künstlerischen Arbeit mit Technik, Musik, Videoinstallationen und eben mit der Fotografie. Dazu arbeitet Kaufmann, der 2022 mit dem Preis für multimediale Objektkunst des Kantons Solothurn ausgezeichnet wurde, mit speziellen, analogen Fachkameras. Auch bei ihm ist der langsame Prozess der Bildentstehung und -entwicklung, der Moment der Zeit und der experimentellen Bildfindung zentraler Aspekt, neben dem Thema und den Motiven. Seine von Stürmen geknickten Bäume sind über den Augenblick des Naturgeschehens hinaus auch Sinnbild für eine Ewigkeit des Bildes. In subtilen Grautönen gehalten, präzise in der Interpretation der Motive, vertraut im thematischen Anspruch wird der intensive Entwicklungsprozess Teil der bildnerischen Aussage.
Die aktuelle Ausstellung in der Galerie Rössli ist mehr als nur ein Gegenüberstellen zweier spezifisch arbeitender Künstler. Beide waren jeweils 2022 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist mit unterschiedlichen Arbeiten und Installationen zu sehen. Unter dem Titel «Ininstant» eröffnet sich hier zudem den Betrachtenden ein gemeinschaftliches experimentelles Konzept, aus dem über die Lochbildkamera, die analoge Kamera, aus dem Tüfteln und Entwickeln intensiv ausgetesteter fotochemischer Prozesse – basierend auf jener der Sofortbildkamera – spannende beispielhafte Serien kleinformatiger Arbeiten resultieren. Die Bildnegative als Ausgang und als Archiv zukünftiger Bildgeschichten sind variabel in Form und Grösse, lassen sich auch digital zur künstlerischen Dokumentation erweitern. Die Bildpositive definieren das labile Gleichgewicht der subtilen Bildprozesse. «Ininstant» ist eben mehr als nur der Moment des Bildes, als Wortspiel versinnbildlicht Ininstant die Bedeutung komprimierter, von Gegenwart befreiter Bildentstehung.
Bis 5. November 2023. Öffnungszeiten: Freitag 18-21 Uhr, Samstag 15–18 Uhr, Sonntag 11-14Uhr.
Vernissage Sonntag, 15.10., 10.30 Uhr, Einführung: Kunsthistorikerin Anna Bürkli. Urs Amiet ist am Sonntag, 22.10., Flo Kaufmann am 29.10., anwesend.