«Eigent-licht» ist eigentlich eine Geschichte der Kunst aus erzählerischer Perspektive, die jeder der drei ausstellenden Künstler anders, mit seinen eigenen Mitteln und Bildsprachen, in seinem eigenen Licht formuliert und als Ausstellung gemeinsam bespielt.
Ulrich Studer und Claude Barbey haben bereits vor einigen Jahren an einem Kunst-am-Bau-Projekt im Zentrum Bachtelen zusammen gewirkt. Als dritten im Bunde für das Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist wurde nun Meinrad Feuchter eingeladen. Ein erstes Treffen vor zwei Jahren in Solothurn brachte die drei so individuell arbeitenden Künstler zusammen, um diese Ausstellung zu besprechen und dann zu einem fruchtbaren, sprich kreativen Narrativ zu kommen: «Eigent-licht» als gemeinsamer Nenner verschiedener Arbeits- und schöpferischer Betrachtungsweisen, als Geschichten auf den Punkt gebracht.
Bei Ulrich Studer ist das Erspüren innerer Zusammenhänge aus den äusseren Formationen gefragt, wenn er in der formalen Reduktion auf Farbe, Schichtung und Verflechtung malerischer Momente die Geologie der Steine im Atelier zu Bildern und Objekten verdichtet. Mit Pigmenten, Bindemittel und Tusche auf feuchter Leinwand oder auch Fliesspapier, mittels Auftragen und Wegnehmen mit Pinsel und Schwamm durchdringen sich die gestalterischen Mittel, formieren sich zum Charakter, zum ursprünglichen Gesicht einer Landschaft, eines Geländes ‒ dem Stein, der sich als Berg manifestiert: Unverrückbar wie wandelbar in den erdgeschichtlichen Texturen und Sedimenten sind die Bilder Teil eines Ganzen, bezieht das felsenartige Wandobjekt übermächtig die Wand mit ein, inszenieren sich die naturnah plastischen Objekte am Boden als variationsreiche Findlinge. Denn der Künstler aus Rüttenen erforscht in der Natur die Natur, spiegelt in seinen Arbeiten neben den Phänomenen der Steine auch die innere Wasserproblematik, zeigt die Turbulenzen eines Flusses unter der nachtblauen Oberfläche, die gleichzeitig eine sphärische Wirkung ausstrahlt. Das aktuelle Geschehen dann zeigt sich beim Biber mit seinen «architektonischen» Fähigkeiten, Flüsse zum Stauen zu bringen. Als linear malerische Verflechtung wie als real angespitzte Äste, arrangiert in einem verblichenen Laubtarnanzug, zeigt sich die Natur unmittelbar erlebt. Und sein Thema «Aroma der Landschaft» lässt die Weindruse, sie entsteht beim Destillieren der Weinhefe, als Farbe auf dem Bildträger schrumpfen bis zur assoziativ erdig-braunen Oberfläche. Die Natur bleibt – auch im Bild – Natur.
Der langjährige, ehemalige Stadtbaumeister Grenchens, Claude Barbey erarbeitet mit verschiedenen Drucktechniken Reflexionen und Impressionen seiner Reisen zur Natur, Landschaft, Ursprung, Architektur, Alltags- und Zeitgeschehen und Mythologie. Feinfarbig und vielschichtig verweben und schichten sich in diesen Blättern die mannigfaltigen Eindrücke und Erinnerungen, wachsen zusammen, bilden neue Ereignisse und lassen sich in ihrer durchaus mehrschichtig lesbaren Wirkung wie Illustrationen zu einer Geschichte interpretieren. Und es sind wahrhaftige Geschichten hinter diesen zeitlosen Szenarien, wenn Erlebtes und Erinnertes, architektonische Momentaufnahmen, historische Plätze, reine Stimmungen, die Betrachtenden einladen, in den anekdotischen Ausdruck einzutauchen. So zeugen einmal die älteren filigranen Radierungen zu Beginn der 1990er Jahre und die Holzschnitte von einer zeitlosen Stilsicherheit. Insbesondere in den vielschichtig gestalteten Monotypien wirkt über das Inhaltliche hinaus eine ausgeprägte handwerkliche Neugier sowie die Freude des Künstlers an den raffinierten Gestaltungsmöglichkeiten mit Mischtechnik, Farbe, Form, Motiv, Zeit und ist alleweil ein Moment des Verweilens und Entschlüsselns wert.
Ein Plüschelefant, Kegelkugeln mit vergoldeten Öffnungen, eine Diskusscheibe unter einer Glashaube, ein Eisstock mit vergoldetem Griff, eine Puppe an die Wand genagelt, ein irritierender Hinweis, Hundeleinen, eine Madonna in einem Transportgestell, ein Wandschränkchen, kaum zu öffnen mit goldenen Ketten, eine umgekehrte Tischplatte mit vergoldeten Brecheisen als Füsse, Vergoldetes, immer wieder Filzmatten, die an Beuys denken lassen: Meinrad Feuchter, er lebt im Kanton Solothurn, macht es den Betrachtenden nicht leicht mit seinen Inszenierungen und installativen Aktionen. Sie basieren alle auf Erfahrungen, Erinnerungen und Gedanken zu Gesehenem, zu Bildern, Objets trouvés, zu situativen Ideenverknüpfungen. Kennt man die Hintergründe nicht, ist so manche Nuss zu knacken. Lässt man sich aber aus eigenen Erfahrungen und Bildern darauf ein, wird es spannend: Welche Geschichte, welcher Gedanke steht hinter dieser Metapher, welche Geschichte – auch aus dem eigenen Leben – soll erzählt werden? Die entsprechenden Titel sind Wort- und Bildspiele, assoziationsreich und subjektiv.
Bis 12. November 2023. Öffnungszeiten: Sa und So 14-17 Uhr, Mi und Do 16-19 Uhr.
Vernissage: Heute Sa, 21.10., 17 Uhr. Einführung durch Martin Rohde, Kunsthistoriker. Matinée: So, 2.11., 11 Uhr, Lesung mit Alex Capus. Finissage: So, 12.11. Die Künstler sind an diesen Tagen anwesend.