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Wenn Linien auf Geschichten treffen: Marie José Comte und Jean Mauboulès im Schlösschen Vorder-Bleichenberg in Biberist

Verfasst von Eva Buhrfeind | |   Ausstellung

Im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist, zeigen Marie José Comte und Jean Mauboulès die spannende Wirksamkeit gegensätzlicher Kunsthaltungen: ausgehend von der Linie als elementarer Grundform der eine, die Werke zeichnerisch versinnbildlichend die andere.

Gegensätzlicher könnten die beiden Kunstschaffenden nicht sein. Und doch scheinen sich beide Künstler auf eine innere Weise nah: Marie José Comte aus Biel und Jean Mauboulès aus Solothurn. Zeichnerisch versinnbildlichend die eine, ausgehend von der Linie als elementarer Grundform der andere. Die Italo-Schweizerin Marie José Comte erforscht in ihren Zeichnungen unterschiedlicher Formate und Improvisationen in Öl verschiedenste Themen zur «Beziehung des Menschen zur Natur, zum Raum, in dem er sich bewegt, die Beziehung zum Sichtbaren ‒ von der Wahrnehmung bis zum visuellen Gedächtnis». Hier im Schlösschen konzentriert sich ihr Werk vor allen auf die Natur als Spiegel des Menschen, aber auch auf die Natur als Sinnbild und Raum existentieller Erfahrungen und Daseinsmomente des Menschen ‒ stets im formalen Dialog von Erzählung und Abstraktion, philosophischer Reflexion und zeichnerischer Konzentration. Und immer auch im dialogischen Wechselspiel von schwarzem Buntstift oder Bleistift und dem weissen Papier, wenn zum Beispiel in der Serie «Die Stille des Weiss» die dicht gesetzte schwarze Textur dem Weiss des Papiers die Form und damit die Geschichte gibt. Insbesondere in diesen Arbeiten im ersten Stock, geprägt von einem Aufenthalt in China, vereint sich in der Reduktion der Natur eine künstlerische und philosophische Bewegung zur allumfassenden Metapher ihres Schaffensprozesses.
Überhaupt ist die Natur in den hier präsentierten vier Kapiteln auch ein Phänomen des Sehens und Wahrnehmens, des Erlebens und Erinnerns, des Vertrauten und Unbekannten, wobei das eine im anderen verborgen ist. In der «Morphogenese» zum Beispiel verweisen die zeichenhaft fokussierten Pflanzen auf das Geheimnis einer ständig sich wandelnde Natur. Der Mensch hingegen ist klein, uneindeutig, fern im Wald, am nur ideell ahnbaren Meer. Seine existentielle Einsamkeit findet in der Serie «Exodus» keine Heimat, nur die Hoffnung auf eine unendliche Welt, in der sich feine schwarze Liniengeflechte und die Kraft der weissen Flächen durchdringen. All diese Arbeiten der ehemaligen Architektin und Lehrerin für Bildende Kunst sind von einer unprätentiösen Poesie, von einer nuancierten Improvisation von Weiss und Schwarz, vor allem, wenn die Künstlerin «Das Licht aus der Dunkelheit» aus dem schwarzen Untergrund heraus zaubert und kosmische Naturen entstehen lässt.

Mauboulès-Werke aus 20 Jahren
Und dann ist da Jean Mauboulès. Die hier ausgestellten Werke aus rund 20 Jahren präzisieren kompromisslos in der formalen Konsequenz mit Eisen, Stahl und Glas das ambivalente Gleichgewicht der Kräfte von Dichte und Transparenz, von Bewegung und Konzentration, von filigraner Leichtigkeit und eiserner Stabilität. Die Linie als Grundsatzprinzip, die Geometrie von Winkel, Kreis, Rechteck als wandelbares Mittel künstlerischer Flexibilität und Zeichenhaftigkeit sind nachhaltige Beispiele einer subtilen, herausfordernden Spannung von Linie, Fläche und Raum, Zeichnung und Objekt, die den künstlerischen Grundgedanken trägt, wenn das Filigrane das Kompakte zu halten scheint, wenn die zeichnerisch-konkrete Geste und die eiserne Konstruktion sich im Räumlichen vereinen. Wenn Stahl Glas trägt, Glas mit dem Stahl spielt. Rigoros in der Ästhetik, der Reduktion auf die elementaren Grundformen und doch zeitlos-elegant zeigt sich immer wieder aufs Neue, wie das Fragile des Linearen die eherne Form in einer sublimen Balance austariert als raffiniert konzipierte Imagination von Fläche und räumlicher Idee. Um dann in der Transparenz der Glascollagen die zweidimensionale Komposition der gegeneinander gesetzten Fläche als dreidimensionale Wirkung zu suggerieren. Überhaupt zeigt sich bei dem 1943 geborenen Jean Mauboulès die Komplexität des radikal Einfachen als eine meisterhaft wandelbare Dialektik aus Stille und Resonanz, die den Raum für die Betrachtung bildet.

Bis 24. März 2024. Geöffnet: Mi / Do 16-19 Uhr, Sa / So 14-17 Uhr. Sonntag. 24. März, Matinée 11 Uhr. Finissage 11 – 17 Uhr.

Werke von Jean Mauboulès 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Jean Mauboulès 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Jean Mauboulès 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Jean Mauboulès 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Marie José Comte 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Marie José Comte 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Marie José Comte 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)
Werke von Marie José Comte 2024 im Schlösschen Vorder-Bleichenberg, Biberist. (Foto: Eva Buhrfeind)